Internetstrafrecht (auch Online-Strafrecht genannt) ist ein gesetzlich nicht geregelter Begriff und daher ein nicht klar definiertes Rechtsgebiet. Klar ist aber, dass im oder über das Internet immer mehr Straftaten begangen werden und dass auch die Staatsanwaltschaften sowie Europol/Interpol mit speziellen „Cyber-crime“-Dezernaten aufgerüstet haben, um national und international Kriminalität zu bekämpfen.

Kein „rechtsfreier Raum“ im Internet

Von einem „rechtsfreien Raum“ kann aufgrund neuer, aber vor allem auch bestehender allgemeiner Regelungen, die auch auf im Internet begangene Straftaten Anwendung finden, keine Rede mehr sein. Das Internet und seine Bedeutung wächst stetig und es gibt auch zum Internetstrafrecht zahlreiche neue Rechtsprechung, die es als Strafverteidiger in diesem Feld zu beherrschen gilt.

Welche Straftaten fallen unter das Internetstrafrecht?

Bestellungen bei eBay & Co.

Der erste große Block des Internetstrafrechts umfasst Bestellungen in Internetportalen (z.B. eBay Kleinanzeigen, Kleiderkreisel, Spox, etc.), bei denen die zu erbringende Leistung oder Zahlung nicht erbracht wird. Derartige Sachverhalte werden oft unter dem Begriff Warenbetrug geführt.

Darlehensverträge im Internet

Auch können Darlehensverträge online geschlossen werden. Sind die Angaben zu den Vermögensverhältnissen falsch und kann die Rückzahlung nicht erbracht werden, kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Betrug (§ 263 StGB) oder ein Computerbetrug (§ 263a StGB) vorliegen. Zudem kann es zu einem Missbrauch bei Online-Kreditkartenzahlungen kommen. Hier kommt je nach Einzelfall ein Betrug, Computerbetrug oder Missbrauch von Scheck- und Zahlungskarten (§ 266b StGB) in Betracht. Bei allen Delikten kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe drohen. Auch sind Datendelikte wie § 202a und 303a StGB denkbar.

Strafe bei Cybermobbing bzw. Mobbing im Internet

Eine zweite Säule des Internetstrafrechts ist das sogenannte Cybermobbing, das vor allem in sozialen Netzwerken wie Facebook eine große Rolle in der Praxis spielt. „Ist Mobbing strafbar?“ oder „Ist Cybermobbing strafbar?“ sind oft gestellte Fragen an uns.

Die Antwort: Ja, unter Umständen ist Cybermobbing strafbar.

Hier sind sämtliche Deliktsformen der Beleidigung also die §§ 185 ff. StGB anwendbar. Auch kann es zu einer Bedrohung (§241 StGB) oder einer Nötigung (§ 240 StGB) kommen. Je nach Delikt und Umständen der Tatbegehung bestimmt sich die Strafe bei Vorliegen von Cybermobbing. Eine pauschale Straferwartung lässt sich daher nicht festlegen.

Besitz, Erwerb und Verbreitung von Kinderpornographie

Schließlich wird der Tatbestand des Besitzes, Erwerbs und der Verbreitung kinderpornographischer Schriften nach § 184b StGB in der Praxis nahezu ausschließlich im bzw. über das Internet verwirklicht.

Wann spricht man von strafbarer Geldwäsche?

Bei der Geldwäsche handelt es sich um ein sogenanntes Anschlussdelikt. Darunter versteht man eine Tat oder Handlung, die sich an eine rechtswidrige Vortat anschließt. Während der § 261 StGB in seiner alten Fassung diese Vortaten abschließend aufzählte, ist in der aktuellen Fassung jede rechtswidrige Tat eine taugliche Vortat.

Anhand des Namens des § 261 StGB könnte man davon ausgehen, dass es sich bei dem „Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt“ nur um Geld handeln könnte. Tatsächlich aber ist ein Gegenstand im Sinne der Norm jedes Rechtsobjekt, das einen Vermögenswert innehat. Hierzu gehören neben Bar- und Buchgeld oder Schmuck auch Rechte, wie beispielsweise Anteile an einer Gesellschaft.

Ein Gegenstand „rührt“ aus einer Tat her, wenn er kausal auf die Vortat zurückzuführen ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn der ursprüngliche Gegenstand durch einen anderen ersetzt wird.

Sinn und Zweck der Bestrafung als Geldwäsche ist vor allem, zu verhindern, dass deliktische Gegenstände unter Verschleierung ihrer Herkunft in den Finanz- und Wirtschaftskreislauf eingeschleust werden. Aus diesem Grund erfüllt das vollständige Vernichten des Gegenstands den Tatbestand der Geldwäsche nicht.

Welche Strafen drohen bei Geldwäsche?

Bestraft wird Geldwäsche mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe mindestens drei Monate bis zu fünf Jahren, eine Geldstrafe kommt in diesem Fall nicht mehr in Betracht. Ein besonders schwerer Fall liegt nach § 261 Abs. 5 S. 2 StGB regelmäßig vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur Begehung von Geldwäsche-Straftaten verbunden hat.

Wann ist leichtfertige Geldwäsche strafbar?

Dass vorsätzliches Handeln strafbar ist, dürfte jedem bewusst sein. Nach § 261 Abs. 6 StGB wird jedoch auch wegen Geldwäsche bestraft, wer leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat handelt.

Unter dem Begriff der „Leichtfertigkeit“ versteht man eine besonders gravierende Fahrlässigkeit, also das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt in hohem Maß.

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verdacht, der Gegenstand könnte illegal erworben worden sein, sich geradezu aufdrängen musste und dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit ignoriert wurde.

Beispiel für leichtfertiges Handeln:

– ungewöhnliche Transaktionsmodalitäten, wie Zahlung durch Paysafe-Karten oder Überweisungen an unbekannte Empfänger im Ausland

Die Leichtfertigkeit muss nicht bewiesen sein, es genügt, wenn diese zur Überzeugung des Gerichts vorliegt. Gerade bei Geldtransfers ins Ausland besteht schnell der Verdacht von Geldwäsche. Das Gericht hat jedoch nicht nur festzustellen, dass das Geld aus einer deiktischen Vortrat stammt, sondern zudem, warum sich dem Täter dies hätte, aufdrängen müssen.

Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass nun grundsätzlich jede rechtswidrige Tat eine geeignete Vortat darstellen kann, ist der Anwendungsbereich der leichtfertigen Geldwäsche erheblich ausgeweitet. Eine Bagatellgrenze, die die Strafbarkeit wegen Geldwäsche für Geschäfte des täglichen Lebens ausschließt, gibt es nämlich nicht.

Leichtfertige Geldwäsche im Zusammenhang mit „Romance oder Love scamming“.

 

Wann verjährt Geldwäsche? 

Geldwäsche unterliegt der Verjährung nach § 78 StGB. Die Verjährungsfrist für Geldwäsche, § 261 StGB beträgt 5 Jahre, bei einem besonders schweren Fall der Geldwäsche beträgt diese sogar 10 Jahre.

Welche Verteidigungschancen gibt es beim Vorwurf von Internetstraftaten?

Aufgrund zahlreicher ungeklärter Rechtsfragen und der schnellen Entwicklung des Internets sind die Verteidigungschancen im Internetstrafrecht häufig gut. Allerdings ist zwingende Voraussetzung, dass der Verteidiger mit technischen Fragen, aber auch der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung vertraut ist.

Viele Gerichte und Staatsanwaltschaften lassen sich mit überzeugender Argumentation in der Hauptverhandlung zu einem Freispruch bzw. im Ermittlungsverfahren zu einer Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts überzeugen. Anknüpfungspunkt ist in vielen Fällen die konkrete Nutzung des jeweiligen Computers.

Auch können Beweise bei E-Mail-Beschlagnahmen auf dem Server oder der Festplatte rechtswidrig erlangt worden sein. Dann müssen Beweisverwertungsverbote möglichst früh im Verfahren durch einen im Internetstrafrecht versierten Verteidiger geltend gemacht werden.

Der Vorwurf: Betrug bzw. Warenbetrug.

Rein juristisch gesehen ist der Warenbetrug kein eigenes Delikt, sondern eine Sonderform des Betruges gem. § 263 StGB.

Oftmals kann der Beschuldigte, der eine Vorladung wegen Betrugs bzw. Warenbetrugs erhalten hat, zuerst nicht einordnen, was der Hintergrund der Anzeige ist. Erst nach längerer Überlegung kommt der Verdacht auf: Möglicherweise rührt die Anzeige aus dem Verkauf einer gebrauchten Sache (z.B. Handy bzw. Smartphone oder Kleidung) im Internet – z.B. auf eBay Kleinanzeigen, Kleiderkreisel oder ähnlichen Plattformen. Erinnerungen an eine ergebnislose Diskussion mit einem unzufriedenen Käufer, manchmal aber auch an einen scheinbar reibungslos verlaufenen Kauf werden wach. Teilweise liegt dieser schon mehrere Monate in der Vergangenheit.

Mitunter ist der Vorwurf „Warenbetrug“ berechtigt, etwa wenn der Verkäufer tatsächlich per Überweisung das Geld erhalten hat, er aber nie vorhatte, die Ware zu verschicken. In vielen Fällen wird der Vorwurf des Betruges (Warenbetrug) jedoch auch zu Unrecht erhoben.

Anbei einige Beispiele:

  1. Paket verloren gegangen

Täglich kommen viele Warensendungen von Bestellungen im Internet gar nicht oder nur stark verspätet an. Die Gründe, weshalb die Ware nicht angekommen ist, können vielschichtig sein: Teilweise gehen die Pakete aufgrund von Fehlern in der Logistik (DHL, Hermes, UPS) vorübergehend verloren, weil die Paketzusteller überlastet sind. Manchmal sind jedoch auch Dritte am Werk gewesen:

Auch in Deutschland kommt es vermehrt dazu, dass ausgelieferte Pakete nicht zugestellt werden können, weil der Empfänger nicht zu Hause ist.

Abgestellte Waren (z.B. in der Garage o.Ä.) werden vermehrt durch Dritte entwendet, die in den abgestellten Paketen leichte Beute sehen. Ist die Ware dann ohne Sendungsverfolgung versendet worden, kann der Verkäufer die Zustellung meist nicht beweisen.

Die Folge: Der Käufer geht davon aus, Opfer eines Betruges geworden zu sein und fertigt eine Anzeige wegen Warenbetrugs.

  1. Missverständnis / unentdeckte Mängel

Weiterhin bergen Geschäfte, die über das Internet abgeschlossen werden, Risiken hinsichtlich etwaiger Missverständnisse zwischen Käufer und Verkäufer. Diese münden nicht selten in einem Ermittlungsverfahren wegen Warenbetrugs. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Käufer die Kaufsache naturgemäß nicht selbst in Augenschein nehmen kann.

Hinzu kommt, dass der Zustand der Ware zum Teil auch Interpretationssache ist: Was für die eine Person noch das Attribut „guter gebrauchter Zustand“ verdient, gilt für die andere bereits als „stark gebraucht“, sodass sie sich als Opfer eines Warenbetrugs fühlt.

Zum anderen existieren manchmal unentdeckte Mängel (z.B. Softwarefehler bei Smartphones oder gerissene Nähte bei Kleidungsstücken), die dem Verkäufer beim Einstellen der Ware nicht aufgefallen sind.

Regelmäßig wird die Gewährleistung für Mängel bei Privatkäufen jedoch wirksam ausgeschlossen. Das heißt: Trotz Mangel keine Rücknahme, Nachbesserung oder Erstattung des Kaufpreises. Dieses Risiko nimmt der Käufer regelmäßig angesichts des geringeren Preises der Sache in Kauf. Der Ärger über diesen Umstand, der von den meisten Leuten auf dem Konto „Pech“ verbucht wird, veranlasst einige Käufer, eine Anzeige wegen Betruges zu erstatten. Damit erhoffen sich viele, am Ende doch noch einen Ausgleich für den Defekt zu erhalten. Dass die Vorladung wegen Warenbetrugs für den Beschuldigten jedoch weitreichende Konsequenzen haben kann, bedenken die meisten Anzeigenerstatter leider nicht.

  1. Ware tatsächlich nie abgeschickt

Teilweise wird die gekaufte und bezahlte Ware durch den Verkäufer tatsächlich nie abgeschickt. Viele meinen, in diesem Falle liege automatisch ein Betrug vor und gestehen die Tat möglicherweise sogar, ohne vorab einen Anwalt zu befragen. Hierbei erliegen die meisten jedoch einem Irrtum:

Die bloße Nichterfüllung einer Verpflichtung (hier: Lieferung der Kaufsache, z.B. Handy) ist nicht automatisch auch ein Warenbetrug im strafrechtlichen Sinne.

Dies gilt nicht einmal, wenn der Verkäufer die Ware absichtlich nicht verschickt. Voraussetzung für einen Warenbetrug ist nach dem sogenannten Simultanitätsprinzip, dass die Absicht der rechtswidrigen Bereicherung schon zum Täuschungszeitpunkt (hier: Eingehen des Kaufvertrages) vorliegt. Dies kann jedoch meist nicht bewiesen werden.

In vielen Fällen liegt eine solche Bereicherungsabsicht gerade nicht vor, sondern die Ware wurde nicht verschickt, weil z.B. besondere Umstände vorlagen. Dies kann ein Krankenhausaufenthalt, aber auch sonstige Belastungs- und Ausnahmesituationen (Trennung, Tod einer nahestehenden Person) im Leben des Beschuldigten sein, sodass kurzfristig andere Sachen wichtiger sind als das Verschicken einer Ware.

Vorladung Warenbetrug: Schweigen, Anwalt kontaktieren

Die oben geschilderten Umstände sollten niemals im Rahmen einer Vorladung als Beschuldigter präsentiert werden. Haben Sie eine Vorladung wegen Warenbetrugs erhalten, kontaktieren Sie stattdessen einen im Internetstrafrecht erfahrenen Strafverteidiger. Dieser kann Akteneinsicht für Sie beantragen. Erst anschließend kann beurteilt werden, ob überhaupt eine Aussage von Ihnen (sogenannte Einlassung) notwendig ist. Häufig können wir durch entsprechende Schriftsätze begründen, dass schon nach Aktenlage kein ausreichender Verdachtsgrad besteht und so die Staatsanwaltschaft überzeugen.

Strafe bei Warenbetrug

Nehmen Sie den Vorwurf des Warenbetrugs nicht auf die leichte Schulter. Als Unterform des Betrugs gem. § 263 Abs. 1 StGB ist der Warenbetrug mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bedroht. Liegt ein Qualifikationstatbestand vor (besonders schwerer Fall des Betrugs, § 263 Abs. 3 StGB), beträgt das Strafmaß zwischen sechs Monaten und 10 Jahren Freiheitsstrafe.

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