Was tun als Beschuldigter einer Straftat?

1. Ruhe bewahren – in jeder Lage!

 Ganz gleich, was Ihnen vorgeworfen wird und welche Ermittlungsmethoden dabei angewandt werden. Handeln Sie niemals überstürzt oder gefühlsgesteuert. Selbst wenn eine Hausdurchsuchung stattfindet oder eine Untersuchungshaft angeordnet wird: Jedes Wort und jede Handlung kann drastische Konsequenzen nach sich ziehen. Bleiben Sie ruhig, auch wenn es Ihnen schwerfällt. 

 

2. Keinen aktiven Widerstand leisten!

Ganz gleich ob bei einer Vernehmung, einer Hausdurchsuchung und sogar bei einer Festnahme: Leisten Sie niemals aktiven Widerstand gegen Polizeibeamte. Um Widerstand handelt es sich bereits, wenn man sich den Beamten bei der Ausführung einer Maßnahme in den Weg stellt. Bleiben Sie so ruhig und gelassen wie möglich. Derartige Affekttaten können weitere strafrechtliche Konsequenzen haben.

 

3. Schweigen, und zwar richtig!

Das Sprichwort „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ kennt jeder. Es besagt, dass es manchmal besser ist, nichts zu sagen, statt etwas Unpassendes zu äußern. Unpassend kann bei Beschuldigtenvernehmungen oder einer „informatorischen Befragung“ vieles sein. Selbst Unschuldige, die sich mit einer Aussage nur entlasten wollten, haben sich in einer Vernehmung schon oft tiefer in die Sache hineingeredet, als ihnen lieb war. Nutzen Sie Ihr Aussageverweigerungsrecht und machen Sie niemals Angaben zur Sache, auch nicht beiläufig – etwa während einer Hausdurchsuchung. Ihr Schweigen kann und darf Ihnen nicht negativ ausgelegt werden. Gibt es etwas zu sagen, können Sie das auch zu einem späteren Zeitpunkt und nach einer Absprache mit einem Anwalt noch nachholen.

Übrigens, dies sind die einzigen Angaben, die Sie ohne Absprache mit einem Anwalt gegenüber der Polizei äußern sollten und müssen:

          Vollständiger Name (Nachname, Vorname(n)),

          Wohnsitz,

          Alter oder Geburtsdatum,

          Staatsangehörigkeit,

–         Beruf (Machen Sie hierbei keine Angaben zur Arbeitsstelle an sich. Eine Äußerung wie „Angestellt“, „Selbstständig“ oder „Arbeitslos“ reicht vollkommen aus.).

4. Anwalt einschalten – so früh wie möglich!

Strafverfahren sollten niemals auf die leichte Schulter genommen werden. Es drohen empfindliche Strafen und weitreichende Konsequenzen wie etwa ein Eintrag im Führungszeugnis oder unter Umständen auch der Verlust der Arbeitsstelle. Strafverfahren sind somit nichts für Laien. Sie benötigen von Beginn an einen kompetenten und erfahrenen Rechtsbeistand, der Sie nicht nur vollumfänglich berät, sondern Sie auch durchsetzungsstark verteidigt.

Hierbei sollte man auch bedenken, dass nicht jeder Anwalt ein guter Strafverteidiger ist. Jeder Anwalt hat seine Rechtsbereiche, bei denen er sich „zu Hause“ fühlt. Vor allem im Strafrecht geht es nicht selten um existenzielle Angelegenheiten. Holen Sie sich also einen erfahrenen Anwalt für Strafrecht an Ihre Seite.

5. Erst die Akte einsehen – dann handeln!

Anschuldigungen sind schnell erhoben, doch die wahre Beweislast wird erst klar, wenn man die Ermittlungsakte in Händen hält. Darin sind sämtliche Vorgehen im Ermittlungsverfahren dokumentiert, wie etwa Aussagen, Beweisgegenstände oder Untersuchungen. Die Staatsanwaltschaft darf hierbei auch nichts unterschlagen. Ein Anwalt wird nach der Kontaktaufnahme sofort Akteneinsicht beantragen. Steht die Akte zur Verfügung, wird diese genauestens geprüft und alles mit dem Mandanten besprochen. Erst nach der Einsicht der Akte kann effektiv gehandelt werden.

6. Polizeiliche Vorladung absagen!

Wer die ersten fünf erwähnten Hinweise beachtet hat, für den spielt dieser Tipp keine große Rolle mehr. Dennoch sei erwähnt: Grundsätzlich ist niemand verpflichtet, einer polizeilichen Vorladung (egal, ob Beschuldigtenvorladung oder Zeugenvorladung) zu folgen. Auch ein Anhörungsbogen muss nicht ausgefüllt und zurückgesendet werden.

Die einzige Konsequenz, die ein Nichterscheinen haben kann, sind weitere Versuche Sie zu kontaktieren – telefonisch, aber auch persönlich. Nur einer staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Vorladung muss man Folge leisten. Haben Sie eine Vorladung als Beschuldigter erhalten, sollten Sie ohnehin einen Anwalt kontaktieren. Dieser wird die Kommunikation mit der Polizei übernehmen und eine Vernehmung vorerst in Ihrem Namen absagen. So haben Sie Ruhe vor den Ermittlungsbehörden.

7. Fallen Sie nicht auf die Tricks der Polizei herein!

Kommt es dennoch zu einer Aussage oder gar einem Verhör, sollten Sie vorsichtig an die Sache herangehen. Polizeibeamte sind im Verhör geschult. Zudem gibt es verschiedene Tricks, über die Beschuldigte immer wieder stolpern. „Guter Bulle – böser Bulle“ ist durchaus einer dieser rhetorischen Kniffe. Unabhängig davon, dass Sie ohne vorherige Absprache mit Ihrem Anwalt keine Angaben machen sollten, möchten wir Ihnen dennoch davon abraten, auf falsche Versprechen von Polizeibeamten hereinzufallen.

Mit der Aussage „Ihr Schweigen wirkt verdächtig“, kann der Beamte zwar vielleicht seine persönliche Einschätzung wiedergeben, vor Gericht hat das Schweigen keinesfalls eine Auswirkung. Es darf Ihnen niemals negativ ausgelegt werden.

Auch Erwähnungen wie „Wir wissen bereits alles“ oder „Ihr Kumpel hat bereits ausgesagt“ sind in den meisten Fällen blanke Falschaussagen. Im Gegenteil: Oftmals nutzen Polizisten solche Geschichten, wenn Sie im Grunde gar nichts beweisen können.

Auch Straferleichterungen und dergleichen werden nicht zwischen Beschuldigten und der Polizei im Verhör oder während einer Vernehmung ausgehandelt. Dabei handelt es sich fast immer um falsche Versprechen, die den vermeintlichen Täter oder Mittäter zum Reden bringen sollen. Absprachen werden zwischen Anwalt und Staatsanwaltschaft verbindlich getroffen.

8. Nehmen Sie keinen Kontakt zu Zeugen oder Opfern auf!

Gerade bei Verbrechen sollte man niemals den Kontakt zu Zeugen oder dem Opfer suchen. Selbst wenn man sich bei einem Opfer entschuldigen möchte, sollte das schriftlich über den Anwalt stattfinden. Hintergrund ist, dass bei einer derartigen Kontaktaufnahme eine „Verdunkelungsgefahr“ gegeben sein kann. Dieser Umstand reicht aus, damit ein Richter einen Beschluss für eine Untersuchungshaft unterzeichnet und Ihnen eine Festnahme droht.

9. Mögliche entlastende Beweise sichern!

Sie denken, dass Sie entlastende Beweise haben? Stellen Sie sicher, dass diese den Weg zu einer möglichen Hauptverhandlung finden. Handelt es sich um Nachrichten am Handy, fertigen Sie Screenshots an und speichern diese auf externen Datenträgern. Kopieren Sie wichtige Schriftstücke. Fertigen Sie sich Gedächtnisprotokolle von Gesprächen oder Situationen an. Am besten ist, Sie übergeben Ihrem Anwalt sofort alle wichtigen Belege, damit sie dieser sicher aufbewahrt.

10. Verwandte auf das Zeugnisverweigerungsrecht hinweisen!

Sollen Verwandte oder etwa Ihre Verlobte oder Ihr Verlobter als Zeugen vernommen werden, haben diese ein Zeugnisverweigerungsrecht. Machen Sie darauf aufmerksam, dass Sie dieses auch nutzen sollten. Handelt es sich um Entlastungszeugen, besprechen Sie diesen Umstand vorab mit Ihrem Anwalt.

Haben Sie Entlastungszeugen, dann empfehlen Sie diesen, dass sie sich nach der Aussage ein Gedächtnisprotokoll anfertigen sollen. Das Wichtigste aus der Aussage sollten diese sich sofort danach auf Papier (oder eben digital) notieren und die Notizen aufbewahren. Es können viele Monate – oder Jahre – vergehen, bis es zu einem Gerichtsprozess kommt. Oftmals verheddern sich Zeugen dann in Widersprüche, da sie sich nicht mehr so gut daran erinnern können. So kann man diesem Umstand vorbeugen.

11. Positiv bleiben!

Last, but not least: Malen Sie nicht schwarz! Ganz gleich welche Anschuldigungen im Raum stehen, bei der Anklage wird meist heißer gekocht als im Gerichtssaal gegessen. Kommt es zu einer Anklage, lassen Sie den Kopf nicht hängen. Die Staatsanwaltschaft wird erwartungsgemäß das maximal Mögliche anklagen und die Anklageschrift überspitzt und dramatisch formulieren. Wichtiger ist jedoch, was am Ende geurteilt wird. 

Eine gute Strafverteidigung wird gegensteuern, die vermeintlichen Beweise und Indizien der Gegenseite unter die Lupe nehmen und alles, was für Sie spricht, hervorstellen. Und selbst wenn in der ersten Instanz ein unglückliches Urteil gefällt wird, bleibt immer noch die Berufung oder Revision. In einigen Fällen erreicht man in einer höheren Instanz erst ein zufriedenstellendes Ergebnis.

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