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Haftbefehl / Untersuchungshaft

Haftbefehl

Anordnung und Voraussetzungen der Untersuchungshaft

Die Untersuchungshaft wird durch schriftlichen Haftbefehl des Richters angeordnet. Der Erlass des Haftbefehls erfordert stets einen dringenden Tatverdacht. Zudem muss einer der gesetzlich festgelegten Haftgründe vorliegen. Die Untersuchungshaft darf zudem nicht zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen.

Dringender Tatverdacht

Dringender Tatverdacht besteht, wenn nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis in seiner Gesamtheit die hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer eine Straftat begangen hat und deshalb verurteilt werden wird. Dabei muss es sich um eine rechtswidrige und schuldhaft begangene Tat oder um einen strafbaren Versuch einer solchen Tat handeln. Die Wahrscheinlichkeit, dass Rechtfertigungs-, Schuld- oder Strafausschließungsgründe vorliegen, beseitigt den dringenden Tatverdacht. Gleiches gilt beim Vorliegen nicht behebbarer Verfahrenshindernisse. Zugunsten des Beschuldigten eingreifende und bereits erkennbare Beweisverwertungsverbote sind bei der Beurteilung des dringenden Tatverdachts zu beachten. Bei der Prüfung des dringenden Tatverdachtes muss der Richter in einer Prognosefeststellung zu dem Ergebnis gelangen, dass die Verurteilung des Täters wahrscheinlich ist. So reicht es nicht aus, wenn nur die Möglichkeit der Überführung und Verurteilung des Täters besteht.

Dem Grade nach ist der dringende Tatverdacht stärker als der hinreichende Tatverdacht, von dessen Vorliegen nach § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens abhängt. Der Haftbefehl setzt nicht Anklagereife voraus, denn der dringende Tatverdacht ist stets nach dem Stand der Ermittlungen zu bewerten, die beim Erlass des Haftbefehls nach vorläufiger Festnahme regelmäßig noch nicht Anklagereife bedingen können.

Haftgründe gemäß § 112 Abs. 2 StPO

Die Haftgründe sind in den §§ 112, 112a StPO abschließend geregelt. Ein Haftgrund darf nur aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden. Dies verdeutlicht, dass allein anhand eines objektiven Maßstabs über das Vorliegen der Haftgründe befunden werden darf. Subjektive Vermutungen oder Befürchtungen des Haftrichters können dagegen nicht Grundlage einer Haftanordnung sein. Es können auch innere Tatsachen wie etwa die Neigung des Beschuldigten, bestimmte Straftaten zu begehen, festgestellt werden. Bedeutung haben hierbei besonders das Vorleben des Beschuldigten, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, sein soziales Umfeld und seine Beziehungen zu Dritten. Auch Indiztatsachen können berücksichtigt werden. Es können mehrere Haftgründe nebeneinander angenommen werden, wenn und soweit ihre Voraussetzungen erfüllt sind. Werden Haftgründe nachträglich ausgetauscht oder hinzugefügt, ist stets die erneute Vernehmung des Beschuldigten entsprechend § 115 StPO erforderlich.

Flucht oder sich verborgen halten gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO

Flüchtig ist der Beschuldigte, wenn er sich dem behördlichen Zugriff wegen des drohenden Strafverfahrens oder aus anderen Gründen entzieht. Der Begriff der Flucht enthält ein willentliches Element. Der Beschuldigte muss aber nicht die Absicht haben, das Verfahren verhindern zu wollen, ein bedingter Vorsatz genügt. Verborgen hält sich der Beschuldigte, wenn er unter falschem Namen oder an unbekannten Ort lebt, um sich dem Verfahren zu entziehen. Der Haftgrund muss sich auf bestimmte Tatsachen stützen, die im Freibeweisverfahren festgestellt werden, das heißt zur Überzeugung des Richters gegeben sind. 

Beabsichtigt der deutsche Beschuldigte, im Hinblick auf seine Tat und deren Verfolgung nicht mehr aus dem Ausland zurückzukehren, so ist der flüchtig, auch wenn er im Ausland postalisch oder telefonisch etc. erreichbar ist. Verlegt aber ein Deutscher seinen Wohnsitz zwecks Arbeitsaufnahme in das Ausland, namentlich innerhalb der EU, und teilt er dies seinem Bewährungshelfer mit, so ist er nicht flüchtig. Nicht flüchtig ist der Ausländer, der sich in sein Heimatland zurückzieht, sofern dieser Entschluss nicht mit seiner Straftat in Zusammenhang steht. Unproblematisch ist es daher, wenn er nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses oder aus ausländerrechtlichen Gründen aus Deutschland abreist. Dagegen spricht für einen Zusammenhang mit der Strafverfolgung, wenn sich der Beschuldigte zuvor mit seiner Familie jahrelang im Bundesgebiet aufgehalten und hier seinen Lebensmittelpunkt hatte, sich dann aber im zeitlichen Zusammenhang mit Zugriffshandlungen gegen Mitbeschuldigte in sein Heimatland absetzt.

Der Beschuldigte hält sich verborgen, wenn er, um sich dem Strafverfahren zu entziehen, seinen Aufenthalt vor den Behörden verschleiert, also unangemeldet, unter falschen Namen oder an einem unbekannten Ort lebt oder in anderer Weise bewirkt, dass er für die Ermittlungsbehörden unauffindbar ist. Wer sich nur verbirgt, um sich ausländerpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen, ist nicht flüchtig.

Ist der Beschuldigte, der flüchtig war oder sich verborgen hatte, aufgrund des Haftbefehls ergriffen worden, so entfällt der Haftgrund der Flucht oder des Sichverbergens. Er wird im Zweifel aber ersetzt durch den Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO, weil die frühere Flucht ein ausreichender Grund für die Annahme von Fluchtgefahr ist, sodass der Haftbefehl nunmehr wegen Fluchtgefahr aufrechterhalten wird.

Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO

Die Fluchtgefahr muss sich aus bestimmten Tatsachen, die im Freibeweisverfahren festgestellt werden, ergeben. Der Freibeweis setzt die Überzeugung des Richters voraus, welche sich gelegentlich erstaunlich leicht bildet.

Der Haftgrund der Fluchtgefahr ist mit 92.5% der Fälle mit Abstand der häufigste.

Aus dem Begriff der Gefahr ergibt sich, dass es, anders als bei dem Merkmal der Flucht, für die Anordnung genügt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Flucht gegeben ist. Die Überzeugung, dass der Beschuldigte auch tatsächlich fliehen wird, ist nicht Voraussetzung. Das Sich-Entziehen ist ein Verhalten, das bewirkt, den Fortgang des Strafverfahrens dauernd oder wenigstens vorübergehend durch die Aufhebung der Bereitschaft des Beschuldigten zu verhindern, für Ladungen und Vollstreckungsmaßnahmen zur Verfügung zu stehen. Dieser Erfolg der zeitweise oder dauernd eintretenden Verfahrensvereitelung muss von dem Beschuldigten beabsichtigt, jedenfalls aber erkannt und in Kauf genommen werden. Ein rein passives Verhalten, etwa das bloße Ignorieren von Vorladungen oder bloße Untätigkeit reichen nicht aus. 

Eine Fluchtgefahr begründet in der Regel auffälliger Wohnungs- oder Arbeitsplatzwechsel, Verwendung falscher Namen oder Papiere, Flucht in einem früheren Verfahren oder Verfahrensabschnitt. Für eine Fluchtgefahr sprechen auch die charakteristische Labilität des Beschuldigten, seine Neigung zu Glücksspiel oder Drogenmissbrauch, das Fehlen fester familiärer oder beruflicher Bindungen, leicht lösbare Wohnungsverhältnisse bzw. das Fehlen einer festen Wohnung oder eines festen Aufenthalts. Auch Beziehungen zum Ausland, insbesondere dort (angeblich) befindliches Vermögen und gute Sprachkenntnisse können die Fluchtgefahr begründen.

Die in dem Strafverfahren zu erwartende Strafe wird bei der Prüfung der Fluchtgefahr mitberücksichtigt. Leider kann davon ausgegangen werden, dass eine vom Haftrichter angenommene zu erwartende Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr (auch im Falle eines zu erwartenden Bewährungswiderrufs) die Annahme von Fluchtgefahr nach sich zieht. Im Haftbefehl finden sich dann häufig Leerformeln, wonach „die Höhe der zu erwartenden Strafe“ o.ä. die Fluchtgefahr begründet. Ein aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden erfreulicher Nebeneffekt der großzügigen Anordnung von Untersuchungshaft ist die Steigerung der Geständnisbereitschaft des Betroffenen.

Verdunklungsgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO

Verdunklungsgefahr besteht, wenn das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde eine Verdunklungshandlung vornehmen und die Gefahr droht, dass dadurch die Ermittlung der Wahrheit erschwert wird.

Die Verdunklungshandlung muss sich auf die dem Haftbefehl zugrunde liegenden Taten im prozessualen Sinn beziehen. Unzulässig ist es daher, allein aus der Falschaussage zugunsten eines einer anderen Tat Angeklagten auf die Verdunkelung im eigenen Verfahren zu schließen. Dabei müssen die Verdunklungshandlungen mit der für den dringenden Tatverdacht erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit für den Fall zu erwarten sein, dass der Beschuldigte nicht in Haft genommen wird. Die bloße Möglichkeit von Verdunklungshandlungen oder eine günstige Ausgangslage dafür reicht noch nicht für den Verdacht aus, der Beschuldigte werde auch entsprechend handeln. Die Veranlassung Dritter zu Verdunklungshandlungen steht eigenen Verdunklungshandlungen des Beschuldigten gleich (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 lit. c StPO).

Verdunklungshandlungen sind das Vernichten, Beiseiteschaffen, Unterdrücken oder Fälschen von Beweismitteln oder das unlautere Einwirken auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige. Vorsicht ist also geboten, wenn sich der Beschuldigte insbesondere mit Zeugen oder Mitbeschuldigten über die ihm vorgeworfene Tat unterhält.

Das unlautere Einwirken auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige

Die Alternative betrifft das Einwirken auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unerlaubter Weise. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Person, auf die der Beschuldigte einwirkt oder demnächst einwirken will, zu diesem Zeitpunkt schon Mitbeschuldigter, Zeuge, Sachverständiger des konkreten Strafverfahrens ist. Ausreichend ist für die Bejahung des Haftgrundes, dass der Beschuldigte damit rechnet, dass die betreffende Person später in einer dieser Funktionen am Strafverfahren beteiligt sein wird. Auch wer einem gutgläubigen Zeugen eine Aussage aufschwatzt, verdunkelt. Die Einwirkung muss zum Ziel haben, die Beweislage im Verfahren zulasten der Wahrheit zu manipulieren. Besprechen mit Zeugen zur Feststellung ihres Wissens und ohne Anwendung von Druck oder Beeinflussung ist theoretisch zulässig.

Das Verhalten muss in unlauterer Weise erfolgt sein. Unlauter ist die Einwirkung, wenn sie gegen das Gesetz verstößt oder die Ermittlung des Sachverhalts in einer nicht von Gesetz gedeckten Weise stört. Unlauter können das Ziel und die Ermittlungen sein. Verhaltensweisen, die das Gesetz vorsieht, sind nicht unlauter. Damit scheiden zulässige Verhalten z.B. Leugnen, Geständniswiderruf, Verweigerung der Mitwirkung im Strafverfahren, Preisgabe von Mittätern u.ä. aus. Auch die Bitte an eine Beweisperson, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, ist zulässiges Prozessverhalten, allerdings nur solange, als auf den Zeugen kein unmittelbarer oder mittelbarer Druck ausgeübt wird.

Es genügt, dass andere Beweisanzeichen für die Verdunklungsgefahr vorhanden sind, zum Beispiel die frühere Verurteilung des Beschuldigten wegen Meineids oder Vortäuschung einer Straftat oder wegen anderen Delikten, die ihrer Natur nach auf Irreführung angelegt sind. Auch wenn solche Vorverurteilungen nicht festgestellt sind, kann der Umstand, dass die ganze Lebensführung des Beschuldigten auf Drohung, Täuschung und Gewalt abgestellt ist, die Verdunklungsgefahr begründen. Hinzu kommen muss stets die konkrete Gefahr der Verdunklung in dem anhängigen Verfahren, die Absicht allein genügt nicht. Wenn die Verdunklungshandlungen nicht geeignet sind, die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren, darf Untersuchungshaft nicht angeordnet werden. Ein nur auf Verdunklungsgefahr gestützter Haftbefehl muss in der Regel nach Abschluss des Verfahrens im letzten Tatsachenrechtszug aufgehoben werden.

Erreichbarkeit

Montag - Freitag 08:30 bis 17:00

Samstag & Sonntag geschlossen
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